Baden-Württemberg wird unter seinen Möglichkeiten regiert – nie war dies deutlicher als in den vergangenen Monaten. Denn nicht nur im Land, sondern auch in vielen Städten und Gemeinden hat die CDU abgewirtschaftet; Mannheim und Stuttgart sind hier nur die prominentesten Beispiele für Verwerfungen, Verkrustungen und „Vetterleswirtschaft“ der CDU in Baden-Württemberg. Die SPD hingegen hat in den vergangenen Jahren auf kommunaler Ebene gezeigt, dass Innovationsfreude und Solidität, Modernität und soziale Sensibilität sowie Gestaltungskraft und Bürgernähe keine Widersprüche sind, sondern die Grundlage für inhaltlichen und personellen Erfolg, insbesondere bei Bürgermeisterwahlen. Diesen Weg des Aufbruchs und der Verlässlichkeit wollen wir bei den Kommunalwahlen 2009 fortsetzen. Wir wollen Baden-Württemberg von den Kommunen her gewinnen.
So vielseitig und vielschichtig unser Land in einem Europa der Kommunen ist, so differenziert sind die Antworten auf die Herausforderungen vor Ort. Diese liegen in der bewährten Verantwortung unserer Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker. Gemeinsam aber wollen wir Baden-Württemberg 2009 im Ganzen voranbringen. Dazu legen wir fünf kommunalpolitische Eckpunkte vor.
1. Wahrung der öffentlichen Daseinsvorsorge
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Baden-Württemberg wollen, dass die Einrichtungen und Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge allen Bürgerinnen und Bürgern unabhängig von ihrer materiellen Leistungsfähigkeit zu angemessenen Preisen zur Verfügung stehen. Auch unsere Betriebe und Unternehmen sind auf gut funktionierende Dienstleistungen und Infrastrukturen angewiesen. Diese zu gewährleisten und zu erbringen, ist für uns die Kernaufgabe der Städte und Gemeinden. Deshalb lehnen wir die Privatisierung kommunaler Dienstleistungen ab.
Wir wollen:
- Die Beibehaltung von unverzichtbaren öffentlichen Aufgaben in öffentlicher Hand; wie der Nahverkehr, die Müll- und Abwasserbeseitigung, Krankenhäuser, Altenheime, Bibliotheken, Friedhöfe, Hallen- und Freibäder sowie viele weitere sozialen Dienste.
- Den Erhalt von Strom- und Wassernetzen in kommunalem Eigentum, soweit sie dies (noch) sind.
- Die Rückführung von Strom- und Wassernetzen beim Auslaufen der Konzessionsverträge dort, wo sie in der Vergangenheit an Energiekonzerne übertragen worden sind.
- Den massiven Ausbau von Betreuungsplätzen für Kleinkinder unter drei Jahren, um die für 2013 per Rechtsanspruch festgelegte Versorgungsquote von 35 Prozent zu erreichen.
- Die schrittweise Einführung von gebührenfreien Kindergärten, beginnend mit dem letzten Kindergartenjahr.
- Ein warmes Mittagessen in Kindertagsstätten und Schulen für nur einen Euro, um Kinderarmut entgegenzuwirken.
- Die intensive Ausweitung der Sprachförderung in Kindergärten insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund.
- Ein flächendeckendes Netz von echten Ganztagesschulen, die mit genügend Lehrerdeputaten versorgt sind.
- Die Schaffung einer Schulstruktur, die längeres gemeinsames Lernen möglich macht und die Sozialauswahl nach der 4. Klasse beendet.
- Das Vorantreiben gesetzlicher Mindestlöhne und die Erklärung tariflicher Mindestlöhne in möglichst vielen Branchen als allgemeinverbindlich, um damit Dumpinglöhne zu bekämpfen, nachdem der Europäischen Gerichtshof unverständlicherweise die Tariftreue-Rege-lungen gekippt hat.
- Die deutliche Erhöhung der per Landesrecht festgeschriebenen Wertgrenzen bei öffentlichen Aufträgen, um europaweite Ausschreibungen im Vergabeverfahren zu vermindern und damit das lokale Handwerk sowie Arbeits- und Ausbildungsplätze zu fördern.
- Die Einhaltung der Vorbildfunktion von Kommunalverwaltungen bei der Bereitstellung von Ausbildungsplätzen.
- Die Bündelung von innovativen Kräften in den Regionen durch kommunenübergreifende Wirtschaftsförderung, um zukunftsträchtige Clusterbildung optimal zu unterstützen; etwa im Hinblick auf Standortinformationen und Ansiedlungsbedingungen, Branchennetzwerke, Existenzgründerservices und Marketing.
- Die energetische Nachrüstung – zum Beispiel durch Fotovoltaik-Anlagen – und Sanierung von öffentlichen Liegenschaften, wozu neben Verwaltungsgebäuden und Betriebshöfen vor allem Krankenhäuser, Schulen und Kindertagesstätten, Schwimmbäder und Sportanlagen zählen.
- Das Auflegen von Förderprogrammen zur Errichtung von Null-Energiehäusern und Energie-Plus-Siedlungen sowie zur Wärmedämmung des Gebäudebestandes auf Grundlage von Mindeststandards für die ökologische Sanierung von Altbauten.
- Die Beendigung der Blockade gegen Windenergie durch Überarbeitung aller Regionalpläne mit der Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten, was auch die Planungshoheit der Kommunen stärkt.
- Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Errichtung kleiner Wasserkraftanlagen sowie die Bereitstellung erhöhter Bürgschaften für Projekte der Tiefen-Geothermie.
- Bei Stadtwerken in kommunaler Hand den Vorrang von Erneuerbaren Energien und von Kraft-Wärme-Kopplung; letztere insbesondere auf der Basis von Biomasse-Blockheiz-kraftwerken.
- Die Einrichtung von unabhängigen kommunalen Energieberatungsstellen.
- Den Anwendungsbereich für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide erweitern und die Wahrnehmung dieses Instruments erleichtern; unter anderem durch Kürzung des so genannten Negativkatalogs, die Ermöglichung von Bürgerentscheiden in den Landkreisen sowie durch die Absenkung des Zustimmungsquorums.
- Die grundsätzliche Durchführung von Bürgerentscheiden bei Fragen der Daseinsvorsorge über öffentliche oder private Regie – auch, da wir dies als Sache der grundgesetzlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung ansehen und nicht etwa als Angelegenheit der Europäischen Union.
- Die Einrichtung von Jugendgemeinderäten und Seniorenräten in jeder Stadt und jeder Gemeinde und von runden Tischen zur Reflexion und Gestaltung des demografischen Wandels vor Ort.